Das Haus in der Sonne
Osthues - das Haus in der Sonne und seine Geschichte
Seit vielen Jahren zeigt das Signet von J.C. Osthues eine aufgehende Sonne. Osthues, das Haus im Osten, wird von der Morgensonne beschienen. Diese Strahlen spenden damals wie heute ein warmes, weiches Licht, das gut zu den Wurzeln des ältesten deutschen Juweliers in Familienbesitz passt, das Wachstum und Entwicklung nährt …
Vom kleinen Gesellen zum Hofgoldschmied
Als Hermann HEINRICH OSTHUES (1729 –1779) im Dezember 1756 seinen Meisterbrief als Goldschmied erhielt, hatte Friedrich der Große wenige Monate zuvor den Siebenjährigen Krieg angezettelt und Wolfgang Amadeus Mozart machte als „Wolferl“ mit knapp einem Jahr die ersten Gehversuche. Hermann Heinrich Osthues arbeitete zunächst am Spiekerhof, dann an der Bergstraße. Zu diesem Zeitpunkt gab es vom münsterschen Schloss nur Pläne und der Erbdrostenhof war gerade mal zwei Jahre alt. Auch die Promenade existierte noch nicht - zum Glück für die Stadt war sie noch von Mauern und Gräben umgeben. Denn nur ein Jahr nach Gründung des Unternehmens Osthues erreichte der Siebenjährige Krieg auch die fürstbischöfliche Residenzstadt Münster. 1759 belagerten dann hannoversche Truppen die Stadt. „1759 Den 3 September des Morgens um Halber 5 uhr Haben die Hanoveraner die stad munster angefangen zu Bomberdiren …“, notierte Hermann Heinrich Osthues in seinem Gesellenbuch. Hier hielt er ab 1758 fest, was im Unternehmen und in der Stadt vorging. Auch die Leistungen der Lehrlinge und Gesellen, Wechselkurse, Einkaufsreisen und Lieferantenkontakte wurden hier von ihm persönlich notiert.
Im 18. Jahrhundert, als Blütezeit des Tafelsilbers, lieferte Osthues Silberarbeiten im Rokoko-Stil an die westfälischen Adelshöfe und machte sich gleichzeitig einen Namen als Lieferant von Sakralgerät: Weihrauchfässer und Messgarnituren verließen die Werkstatt zu höheren Weihen. Drei Jahre vor seinem Tod wurde Hermann Heinrich zum fürstbischöflichen Hofgoldschmied ernannt.
Osthues, Cartier und die „Haute Joaillerie“
Im 19. Jahrhundert spielte sich das gesellschaftliche Leben zunehmend nicht mehr ausschließlich in den Ballsälen der Adelshöfe an der Königstraße, sondern auch in bürgerlichen Clubs ab. Dem Schützenwäller-Club, der sich dank der beiden großen Löwen am Clubhaus an der Rothenburg fortan „Zwei-Löwen-Club“ nannte, gehört seit 1815 regelmäßig mindestens ein Mitglied der Goldschmiedefamilie Osthues an. Hermann Heinrichs Enkel JOHANN CASPAR ANTON OSTHUES (1799–1865) gab dem Unternehmen den Namen „J.C. Osthues“. der sich bis heute gehalten hat. Seit 1846 logierte das Unternehmen in der Rothenburg. „J.C.“ erweiterte den guten Ruf des Unternehmens in Gold- und Silberarbeiten: Er ließ in den Osthues-Werkstätten zunehmend Juwelenschmuck arbeiten, der an die Höfe Europas ging. Damit begründete Johann Caspar die „Haute Joaillerie“-Tradition des Hauses - etwa zur gleichen Zeit, als in Paris Louis-Francois Cartier das gleichnamige Unternehmen gründete und die Fürstin Esterhazy auf den Bällen in der Wiener Hofburg kostbares Geschmeide aus der Osthues-Werkstatt trug.
Der päpstliche Hofgoldschmied und sein „Oscar für Diamanten“
Ja, das liest man überall. „Heute glauben Leute nicht mehr an Kirche oder Vaterland, sondern an die Kraft der großen Marken“, heißt es. Doch der Trend zur Marke kippt. Die ersten Luxuslabels erscheinen sogar wieder völlig ohne Logo. Denn selbst die teuersten Marken sind meist nicht wirklich lange exklusiv: Es laufen einfach zu viele Menschen damit herum, die persönliche Abgrenzung leidet. Wer sich etwas Besonderes leisten will, hat ein Recht auf 100 Prozent Individualität. Immer mehr Menschen entdecken, dass der größte Luxus das maßgefertigte‚ individuelle Einzelstück ist. Vor 250 Jahren, als Heinrich Osthues Mitglied der Goldschmiedegilde wurde, war das noch selbstverständlich. 1884 verlegte Joseph Franz Osthues die Firma in die Ludgeristraße - eine Adresse, die man 114 Jahre führen sollte. Ab 1897 durfte sich Joseph Osthues, wie später sein Sohn BERNHARD (1866–1945), päpstlicher Hofgoldschmied nennen. Bernhard und sein Bruder KARL OSTHUES (1876–1940) führten das Unternehmen durch die schweren Zeiten des Ersten Weltkriegs, seit 1922 gemeinsam mit Bernhards Sohn JOSEPH KASPAR OSTHUES (1898–1940). Als dieser früh starb, lenkte Bernhard das Geschäft allein weiter und übergab es an seinen Enkel KLAUS (1923–2005). Dieser baute die Juwelen-Kompetenz des Hauses weiter aus und erhielt zahlreiche Auszeichnungen für Schmuckarbeiten aus den J. C. Osthues-Werkstätten - wie etwa 1973 den Oscar der Diamant-Branche, den Internationalen Diamonds Award der De Beers Corporation.
Nico Osthues – vier Jahrzehnte Leidenschaft für Haute Joaillerie
Auch Klaus Osthues fand einen Nachfolger in der eigenen Familie: Als Nico Osthues 1985 mit gerade einmal 28 Jahren die Verantwortung für J.C. Osthues übernahm, begann ein neues Kapitel in der Geschichte des ältesten familiengeführten Juwelierhauses Deutschlands. Fast vierzig Jahre lang prägte er mit seiner klaren Handschrift das Profil des Hauses – mit großer Leidenschaft für Haute Joaillerie, einem kompromisslosen Bekenntnis zur Qualität und mit dem Mut, konsequente Entscheidungen zu treffen. So trennte sich das Unternehmen unter seiner Führung komplett von Uhren, um sich ganz der hohen Juwelierskunst zu widmen.
Eine Zäsur markierte der Umzug an den Prinzipalmarkt im Jahr 1999. Zuvor war J.C. Osthues über ein Jahrhundert in der Ludgeristraße zuhause. Zuerst noch als Wohn- und Geschäftshaus unter einem Dach, wie es bei Kaufleuten lange üblich war. Doch mit der Verdrängung inhabergeführter Geschäfte durch Filialisten veränderte sich das Umfeld. Die Entscheidung, unter die Bögen des Prinzipalmarkts zu ziehen, wurde zur Weichenstellung für die Zukunft – mitten hinein in Münsters prestigeträchtigste und bis heute eben besonders individuelle Einkaufsadresse. „Da gehören Sie auch hin“, kommentierte eine Kundin den Schritt. Damit wurde das Haus Osthues endgültig zu einem Fixpunkt der Haute Joaillerie im Westen Deutschlands.
Neben der klaren strategischen Ausrichtung lag Nico Osthues stets auch das Miteinander am Herzen: Als langjähriges Mitglied und Sprecher der Kaufleute am Prinzipalmarkt setzte er sich für gemeinschaftliche Projekte ein, etwa das Magazin „Prinzipal“, das seit 2009 erscheint und weit über die Stadtgrenzen hinaus gelesen wird. Er wusste: Wer heute erfolgreich Einzelhandel betreiben will, muss Erlebnisse schaffen: Durch Qualität, Atmosphäre und vor allem durch Zusammenhalt.
Nicht nur das Unternehmen selbst, auch Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden veränderten sich über die Jahre. Schmuck wurde individueller, persönlicher – weniger von Anlässen bestimmt, viel mehr von Persönlichkeit und Inspiration geprägt. „Früher wurde Schmuck verschenkt, heute wird er ausgesucht“, fasste Nico Osthues die Entwicklung prägnant zusammen. Der Wunsch nach Ausdruck durch außergewöhnliche Stücke wuchs und J.C. Osthues wurde zur verlässlichen Adresse für die Verwirklichung genau dieser Wünsche.
2024 übergab Nico Osthues die Leitung des Hauses an seine Tochter Marie, die neunte Generation und erste Frau an der Spitze des Unternehmens. Wie schon sein Vater vor ihm, zog auch er sich konsequent zurück, um der neuen Generation Raum zur Entfaltung zu geben. Und doch bleibt eine Verbindung zu J.C. Osthues: Nico Osthues arbeitet intensiv mit dem historischen JCO Archiv, in dem sich Stadthistorie, Unternehmensgeschichte und Juwelierkunst aus vier Jahrhunderten abbilden.
... Die Zukunft ist da!
Die lange Unternehmensgeschichte wird länger und länger: Im September 2022 stieg mit Marie Osthues die Tochter des bisherigen Inhabers Nico Osthues in das Familienunternehmen ein. Gemeinsam führte die achte und neunte Generation das Juwelierhaus gemeinsam, bevor Marie Osthues im Frühjahr 2024 zur
alleinigen – und ersten weiblichen! – Inhaberin des Juwelierhauses am Prinzipalmarkt wurde. Mit einer Menge Branchenerfahrung, Expertise und Faszination für das Fachgebiet entwickelt sie das traditionsreiche Familienunternehmen J.C. Osthues mit neuen Ideen und Visionen weiter, bleibt aber auch den Werten der Familie treu.
Mit Auszügen aus der Geschichte des Hauses J.C. Osthues aus Ulla Stöver. Karl Heinz Kirchhoff: Das Haus in der Sonne. Eine Chronik aus drei Jahrhunderten, Münster 1981